WARUM WIRD DIE GRÜNEN/EFA-FRAKTION GEGEN URSULA VON DER LEYEN ALS KOMMISSIONSPRÄSIDENTIN STIMMEN?

Am Mittwoch erschien die Kandidatin für das Amt der Kommissionspräsidentin, Ursula von der Leyen, zu einer Anhörung der Fraktion der Grünen / EFA im Europäischen Parlament,
welche Sie hier nochmal einmal sehen können .

Nachfolgend finden Sie eine Auswahl an Fragen, die unsere Abgeordneten gestellt haben sowie die Antworten von Von der Leyen…und: die Antworten, die wir gerne gehört hätten.

Dabei wird sehr deutlich warum die Abgeordneten der Grünen/EFA am Dienstag in Straßburg gegen Frau von der Leyen stimmen werden.
KLIMAWANDEL
Die Grünen/EFA: Warum sollten die Grünen ihre eigenen Klimaschutzambitionen verringern, wenn das gesamte EU-Parlament dem 55%-Ziel zustimmt? Was schlagen Sie als sofortige und konkrete Maßnahmen vor, die Sie in Bezug auf den Klimawandel ergreifen würden?
Ursula von der Leyen: Das gemeinsame EU-Ziel liegt bei 40%. Wenn ich mich der 50% verpflichte, ist dies ein enormer Fortschritt. Das biete ich an. Wir brauchen ein Klimagesetz.

Um mich bezüglich dem ETS zu wiederholen: Wir müssen uns den maritimen Sektor, die Luftfahrt, Verkehr & Mobilität sowie Gebäude näher anschauen. Und wir müssen das Soziale im Auge behalten. Falls die Auswirkungen auf kleine und mittlere Unternehmen (Stichwort Carbon Leakage) zu gravierend sind, müssen Kompensationen geschaffen werden.
Was wir hören wollen: Ich möchte nicht nur eine Netto-Null bei den Emission bis 2050, sondern auch den Ehrgeiz des Europäischen Parlaments, die Emission bis 2030 um 55% zu senken, 65% erhöhen: dass absolut mindeste, wenn wir die die globale Temperaturerhöhung unter 1,5 ° C halten wollen.

Ich möchte ein faires System zur CO2-Preisgestaltung mit einer grundlegenden Reform des Emissionshandelssystems ohne Freifahrtscheine, eingeschlossen die Sektoren Schiff- und Luftfahrt. Ich werde eine EU-Kerosinsteuer und Mehrwertsteuer auf Flugtickets einführen und EU-finanzierten Flughafenerweiterung ein Ende setzen. Erzielte Mehreinnahmen sollen europäischen Investitionen in die Schiene zugute kommen.

Ich werde alle Subventionen für fossile Brennstoffe beenden und mich dazu verpflichten, mindestens 50% des EU-Haushalts (MFR) für klimabezogene Investitionen auszugeben.

LANDWIRTSCHAFT
Die Grünen/EFA: Die Grünen möchten, dass die Kommission einen überarbeiteten Vorschlag zur Gemeinsamen Agrarpolitik vorlegt, die im Sinne der Umwelt agiert und nicht gegen sie. Werden Sie das unterstützen?
Ursula von der Leyen: Es ist schwierig, mit einem klaren Ja oder Nein zu antworten, weil ich mich eingehend mit dem Thema befassen muss. Wir müssen unsere Agrarpolitik in eine Ernährungspolitik verwandeln und die biologische Vielfalt zum Hauptthema und den Tierschutz zu einem tragenden Pfeiler machen. Das ist meiner Meinung nach das, was unsere europäischen Bürger wollen. Aber wie in jedem Bereich, der sich ändern wird, müssen wir uns intensiv damit befassen, wie die Ausgewogenheit zwischen den Themen, die Sie gerade angesprochen haben, aussehen kann. Insbesondere wenn wir uns mit Klimaneutralität und Verhaltensänderung als die Hauptthemen auseinandersetzen.
Was wir hören wollen: Wir brauchen eine neue Gemeinsame Agrarpolitik, die Zahlungen vom Einfluss auf den Klimawandel abhängig macht, die die biologische Vielfalt und höhere Tierschutzstandards fördert, den Pestizideinsatz senkt und die Direktzahlungen pro Betrieb auf 50.000 EUR pro Jahr begrenzt.

SAUBERE LUFT
Die Grünen/EFA: Wären Sie bereit, die Luftqualitätsrichtlinie zu aktualisieren, um die Qualitätsnormen auf das von der WHO empfohlene Niveau zu bringen
Ursula von der Leyen: Ich kann weder Ja noch Nein sagen.
Was wir hören wollen: Wir brauchen Luft, die Mensch und Planet atmen können. Ich werde eine neue Richtlinie für saubere Luft einführen, um die hunderttausenden vorzeitigen Todesfälle zu verhindern, die jedes Jahr durch die Luftverschmutzung verursacht werden. Die neue Richtlinie wird die Aufnahme von Luftschadstoffen beinhalten, die derzeit nicht abgedeckt sind, und ich werde sicherstellen, dass die Automobilhersteller ihren Beitrag zur Reduzierung von Emissionen und Partikel aus ihren Fahrzeugen leisten.

RECHTSSTAATLICHKEIT
Die Grünen/EFA: Würden Sie für den Ausschluss von Fidesz aus der EVP stimmen?
Ursula von der Leyen: Ich möchte hypothetische Fragen nicht beantworten.
Greens/EFA: Würden Sie als Kommissionspräsidentin ein Verfahren nach Artikel 7 gegen Ungarn einleiten?
Ursula von der Leyen: Das ist nicht das einzige Verfahren. In anderen Ländern gibt es andere Verfahren zu anderen Themen. Was wir brauchen, ist mehr Transparenz in diesen Prozessen und die Überprüfung der Rechtsstaatlichkeit in allen Mitgliedstaaten. Alle Mitgliedstaaten sollten der gleichen Überprüfung unterliegen.
Was wir hören wollen: Ich würde Fidesz aus der EVP verbannen, und ich würde auf das Europäische Parlament hören und ein Verfahren nach Artikel 7 gegen Ungarn wegen der eklatanten Angriffe der Regierung auf die Rechtsstaatlichkeit einleiten. 
 
Die Rechtsstaatlichkeit ist das, was die Europäische Union verbindet, weshalb ich als Kommissionspräsidentin einen neuen Mechanismus einführen werde, um alle EU-Länder ständig zu überprüfen, um Verstöße gegen die Rechtsstaatlichkeit zu bekämpfen, und auf Empfehlungen unabhängiger Experten Sanktionen im Zusammenhang mit EU-Mitteln verhängen.


SEENOTRETTUNG
Die Grünen/EFA: Würden Sie als Kommissionspräsidentin die Führungsrolle übernehmen, um echte EU-Maßnahmen zur Seenotrettung im Mittelmeer durchzuführen, um das Ertrinken von Migranten zu verhindern? Würden Sie die Entkriminalisierung der humanitären Hilfe unterstützen?
Ursula von der Leyen: Die Situation im Mittelmeer ist unhaltbar. Als deutsche Ministerin habe ich die Mission Sofia initiiert (Anmerkung: Es handelte sich bei der Mission Sophia nicht um eine Seenotrettungsmission, sondern Grenzschutz). Wir müssen die Ursachen des Problems in den Herkunftsländern durch wirtschaftliche Zusammenarbeit angehen. Wir müssen definieren, was „legale“ und was „illegale“  Einwanderung ist.
Was wir hören wollen: Jede Woche ertrinken Menschen, die versuchen, Europa zu erreichen. Als Kommissionspräsidentin würde ich eine europäische Seenotrettungsmission im Mittelmeer auf den Weg bringen, um Menschen vor dem Ertrinken zu retten. Es darf keine Kriminalisierung der Nichtregierungsorganisationen und privater Seenotretter geben. Es muss sichere und legale Wege geben, um in der EU Asyl beantragen zu können.
MINIMUM INCOME MINDESTEINKOMMEN
Die Grünen/EFA: Sie sprachen von einem Mindestgehalt, aber nicht jeder hat ein Gehalt, was ist Ihre Position zum Mindesteinkommen?
Von der Leyen: Ich bin keine Freundin des Mindesteinkommens, es gibt zu viele offene Fragen. Auch ist nicht klar, dass dies auf EU-Ebene umgesetzt werden kann. Bis jetzt sehe ich keine Beweise, dass Pilotprojekte wirklich funktionieren.
Was wir hören wollen: Wenn wir die enormen Wohlstandsunterschiede in der Europäischen Union beseitigen und sicherstellen wollen, dass keine EU-Bürger in Armut leben, dann brauchen wir ein EU-weites Grundeinkommen, das sicherstellt, dass die Gehälter nach objektiven Kriterien oberhalb der Armutsgrenze angesetzt werden.
STEUERGERECHTIGKEIT

Die Grünen/EFA: Steuergerechtigkeit ist Teil von sozialer Gerechtigkeit. Werden Sie eine konsolidierte Steuerbemessungsgrundlage für Unternehmen vorantreiben? Was halten Sie von der Tatsache, dass ein Mitgliedstaat die gesamte Steuerpolitik blockieren kann?
Ursula von der Leyen: [..]
Was wir hören wollen: Wir können soziale Ungerechtigkeiten nicht lösen, ohne unser kaputtes Steuersystem zu reparieren. Deshalb will ich einen effektiven Mindestkörperschaftssteuersatz von 18 Prozent in der gesamten EU und eine digitale Dienstleistungssteuer, um sicherzustellen, dass Technologieriesen ihren gerechten Anteil zahlen. Außerdem muss das Einstimmigkeitsprinzip bei Steuerfragen im Rat sein Ende haben. Wir brauchen Transparenz bei der Unternehmensbesteuerung und Maßnahmen, um sicherzustellen, dass die EU-Mitgliedstaaten nicht mit einem Steuerwettbewerb nach unten konkurrierender nur den europäischen Bürgerinnen und Bürgern schadet.

HANDEL
Die Grünen/EFA: Würden Sie zusagen, effektive und durchsetzbare Kapitel zu Handel und nachhaltiger Entwicklung in zukünftigen Handelsabkommen zu haben? Würden Sie ein Moratorium der Ratifizierung des Mercosur-Abkommens unterstützen? Wären Sie bereit, die aktuellen Ungleichgewichte in Handelsabkommen beim Investorenschutz zu korrigieren (sie genießen viele Rechte, aber nur minimale rechtliche Verpflichtungen)?
Ursula von der Leyen: Handelsabkommen sind notwendig, sie sind in unserem Interesse. Sie sind ein Instrument, um unsere Werte, unsere Standards zu exportieren. Ich unterstütze mehr Transparenz und die größere Einbeziehung des Parlaments im Verhandlungsprozess von Handelsabkommen. Wir sollten die Ziele des Pariser Abkommens in unsere Handelsabkommen aufnehmen. Wenn andere Beteiligte sich nicht an diese Ziele halten, sollten wir uns zurückziehen.
Was wir hören wollen:Handel darf nicht auf Kosten des Planeten gehen. Deshalb werde ich sicherstellen, dass bei jedem Handelsabkommen, das die EU mit anderen Ländern aushandelt, das Pariser Klimaabkommen und die Standards der Internationalen Arbeitsbehörde für Arbeitnehmerrechte eingehalten werden. Der Handel darf Unternehmen nicht gegenüber Menschen privilegieren, weshalb ich jede Form von Investorenschiedsgerichten aus Handelsabkommen raushalten werde. Ich werde alle laufenden Handelsabkommen stoppen, die diese Kriterien nicht erfüllen.
WAFFENEXPORTE
Greens/EFA: Würden Sie als Kommissionspräsidentin die 8 Kriterien der gemeinsamen Position zum Waffenexport, die von den Mitgliedstaaten angenommen wurde, in Form von Gesetzgebung niederlegen?
Ursula von der Leyen: Wir brauchen gemeinsame Regeln auf EU-Ebene zum Waffenexport.
Was wir hören wollen: Europa muss seine Verantwortung für die Kriege und das Leid tragen, welches außerhalb unserer Grenzen stattfindet. Europäischen Ländern und Unternehmen muss der Verkauf von Waffen an Konfliktländer untersagt werden.